Pfadfinder in Hiesfeld & Oberlohberg
|
![]() |
||||||||
![]() |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Big Bagger 2001Beitrag von Melanie Schäfer1) Unsere Gruppe bei der Aktion "Big Bagger" Schon bald nach Ankündigung der Aktion "Big Bagger" beschlossen wir, die DPSG-Pfadfinderinnen und Pfadfinder der Gemeinde Heilig-Geist in Hiesfeld, uns daran zu beteiligen. Wir fanden, dass sich dieses Großprojekt, an dem sich schließlich 346 katholische Jugendgruppen aus der Diözese Münster beteiligten, spannend anhörte. An dem Wochenende um Fronleichnam bekam jede Gruppe, die sich anmeldete, ein Projekt zugeteilt, das dann innerhalb von 72 Stunden bearbeitet werden sollte. Diese Aufgabe konnte aus einem sozialen oder ökologischen Bereich stammen sollte von der Gruppe gemeinsam und Hand in Hand angegangen werden, sodass jeder einfallsreich und solidarisch seine Fähigkeiten einbringen konnte. Wir Hiesfelder Pfadfinder beteiligten uns mit der Leiterrunde und den Jugendlichen ab 13 Jahren an der Aktion, sodass wir mit ca. 20 Teilnehmern am 14. Juni am Dinslakener Johannahaus unsere Aufgabe in Empfang nehmen konnten. Ermöglichst wurde unsere Teilnahme u. a. von vielen, vielen Sponsoren, die von uns bereits im Vorfeld der Aktion angesprochen wurden. Mit Geld-, Sach- und Lebensmittelspenden wurden wir unterstützt. Bei allen, die uns in dieser oder auch anderer Form unterstützt haben, möchten wir uns auch hier noch einmal recht herzlich bedanken. Dass wir zudem die Möglichkeit hatten, das Pfarrheim von Heilig-Geist als "Basisstation" zu nutzen und im Garten unsere Zelte aufzuschlagen, hat uns das Gelingen der Aktion noch weiter erleichtert. 2) Unser Projekt Unsere Aufgabe für die Zeit vom 14. – 17. Juni 2oo1 war es nun, auf dem städtischen Friedhof an der B8 einige besondere Grabfelder zu pflegen. Dieser Friedhof wurde um 1900 angelegt und dokumentiert einen großen Teil der Geschichte Dinslakens im 20. Jahrhundert. So befindet sich dort, von einer Hecke umgeben, eine Grabstätte für die jüdischen Bürger Dinslakens. Hier wurden zwischen 1920 und 1940 die Mitglieder der damals rund 150 Einwohner zählenden jüdischen Gemeinde begraben. Ursprünglich war das Gelände viermal so groß und reichte bis an die B8 heran. Zwischen den Grabstätten befand sich ein Leichenschauhaus. Als in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 SA- und SS-Mitglieder u. a. die Dinslakener Synagoge zerstörten, setzten sie auch das Leichenhaus in Brand. So befinden sich heute nur noch die Reste des Fundaments auf dem übrig gebliebenen Teil des jüdischen Friedhofs, als einzige Stelle, die jüdisches Leben in Dinslaken dokumentiert. Diese freizulegen, sodass sie später restauriert werden können, war Teil unserer Aufgabe. Des weiteren stehen ca. 125 Grabsteine auf dem Friedhof, die grün angelaufen und teilweise sehr verdreckt waren. In Dinslaken leben so gut wie keine jüdischen Bürger mehr, die sich um die Grabpflege kümmern könnten, sodass auch zwischen dem Efeu, das die Grabsteine umgibt, viel Unkraut gewachsen war. Dies sollte entfernt werden; zudem galt es, die sehr empfindlichen Steine mit Wasser und Bürsten vom Dreck zu befreien. Reinigungsmittel durften dabei nicht verwendet, einige sehr alte Grabsteine aus Sandstein erst gar nicht gereinigt werden. So hatten wir mit diesem Projekt nicht nur die Chance, eine wichtige Hilfe zur Instandhaltung des Friedhof zu leisten; wir konnten vielmehr auch dazu beitragen, den jüdischen Friedhof, der auch vielen Dinslakenern unbekannt ist, den Einwohnern ins Gedächtnis zu rufen, ihn zu einer bekannteren Gedenkstätte für die jüdischen Dinslakener Bürger zu machen. Motivation für unsere Aufgabe war es somit auch, "dass es gut ist, wenn sich Kinder und Jugendliche hier engagieren, um ein Zeichen zu setzen und zu zeigen, dass die Vergangenheit und diese Toten nicht vergessen sind" (aus der Projektbeschreibung). Eine weitere Aufgabe war es, einen Ehrenfriedhof für Gefallene des 1. und 2. Weltkriegs zu gestalten. Dort sollten vor allem Blumen (nämlich rote Geranien) an den Kreuzen gepflanzt werden, um den nur aus Kreuzen, Steinen und Gras bestehenden Friedhof zu verschönern. Daneben gibt es auf dem Friedhof viele weitere Ehrenfelder, so für die Opfer des 23. März 1945, als in Dinslaken über 800 Menschen bei einer Bombardierung umkamen, für die Opfer des Ruhrkampfes 1920 und für in Dinslaken gestorbene Zwangsarbeiter aus der NS-Zeit. Auch diese zu säubern wäre im Rahmen unseres Projektes möglich gewesen, aus Zeitgründen aber nicht mehr in Angriff genommen. Man sieht also, dass unser Projekt aus vielen sinnvollen und notwendigen Aktionen bestand. Hier soll noch einmal darauf verwiesen werden, dass es nicht darum ging zu behaupten, die Stadt Dinslaken könnte für die Gräber bzw. Grabstätten mehr als nur die Grundpflege leisten, vielmehr sollte hier ein "Zeichen gegen Krieg, Unterdrückung, Rassismus" gesetzt werden (s. o.). 3) So lief unsere Aktion ab Als wir am Donnerstagnachmittag unsere Aufgabe bekamen, waren wir zunächst erstaunt, hatten wir doch von der Existenz eines jüdischen Friedhofs in Dinslaken gar nichts gewusst. Um 16 Uhr fanden wir uns an der Kapelle des städtischen Friedhofs ein, wo wir von Herrn Bison vom Dinslakener Heimatverein empfangen wurden. Herr Bison führte uns über eine Stunde lang über den Friedhof, zeigte uns die verschiedenen Grabfelder und erklärte uns, welche Personen dort jeweils bestattet sind. So bekamen wir einen ersten Einblick in unser Betätigungsfeld und in die geschichtlichen Zusammenhänge. Abends planten wir dann unsere Aktionen für die nächsten Tage, brachten Material zusammen und teilten uns in mehrere Gruppen auf. So fuhr eine Gruppe am Freitagmorgen los, um u.a. bei Baumärkten und Gartencentern nach Blumenerde- und Geranienspenden nachzufragen. Diese Aktion wurde am Samstag noch fortgesetzt, weil hierfür noch Geld gesammelt werden musste. Die beiden übrigen arbeiteten freitags auf dem jüdischen Friedhof: Während ein Teil sich den Grabsteinen, ihrer Säuberung und dem mühseligen Unkrautjäten widmete, machte sich die andere Gruppe daran, das Fundament des Leichenschauhauses freizulegen. Schon bald waren erste Teile der alten Grundmauer zu sehen, und viele, viele Spatenstiche später konnte man die ca. 35 cm dicke Mauer klar erkennen. Um überschüssiges Gras und Erde mit Schubkarren abzutransportieren, waren ebenso viele fleißige Helfer notwendig wie zum Freilegen des ungefähr 4 x 6m großen Fundaments. Zwischen durch konnten sich die Teilnehmer mit gespendeten Lebensmitteln stärken, wir bekamen Besuch von der Presse, den "Big Bagger"-Verantwortlichen, von Interessierten und von Unterstützern, so von Gisela Hinnemann, MdB, und unserem "Paten", dem BDKJ-Kreisvorsitzenden Dirk Stratmann. Um 17.30 Uhr war es dann soweit: Die Grundmauern lagen vollständig frei, sodass man sich von der Lage des ehemaligen Leichenhauses ein konkretes Bild machen konnte. Die Gräber waren von Vogel- und sonstigem Dreck befreit und das Efeu umgab unkrautsfrei die noch feucht glänzenden Grabsteine. Am Samstag, als das für die Nacht angekündigte Unwetter uns glücklicherweise verschont hatte, fuhren wir schon sehr früh wieder zum Friedhof. Während die für die Beschaffung der Geranien zuständige Gruppe weiterhin, mittlerweile von vielen neu gewonnenen Spendern unterstützt, Blumen für die Bepflanzung des Ehrenfeldes zusammensammelte, gab es auch für die anderen Teilnehmer mehr als genug zu tun. So machte sich eine Kleingruppe in der Dinslakener Innenstadt auf die Jagd nach Geldspenden, motiviert vom großen Erfolg einer spontanen Spendenaktion am Freitagabend in Hiesfeld. Auf dem Kriegsgräberfeld begannen weitere Teilnehmer damit, vor den rund 140 Kreuzen Löcher für die Geranien auszuheben, das Moos von den Steinen und Wegen zu kratzen und einige Kreuze mit Wasser und Bürsten zu bearbeiten. Auch auf dem jüdischen Friedhof gab es noch eine Menge Arbeit, z. B. mussten die Wege gefegt und gejätet werden, wurden Graskanten abgestochen und einige neue Efeupflanzen gesetzt. Als dann die ersten Geranien eintrafen, gab es richtig viel zu tun, bis alle Blumen eingepflanzt waren und die Kreuze somit farbig gestaltet waren. Gegen 17 Uhr waren alle an den beiden Grabfeldern anfallenden Arbeiten erledigt, und müde, aber in guter Stimmung nach der gelungenen Aktion endete der Tag in einem gemütlichen Grillabend im Garten des Pfarrheims Heilig-Geist in Hiesfeld. Am Sonntag räumten wir nach dem Besuch der Messe das Pfarrheim auf, und am Nachmittag fuhren wir zur Abschlussveranstaltung von "Big Bagger" nach Münster, zusammen mit den anderen Gruppen aus Dinslaken. So endete die Aktion in einer großen Fest, das wir nach all der Arbeit sehr genossen! 4) Reaktionen Die Reaktionen auf unser Projekt und die Arbeit daran waren vielfältig und in jeder Hinsicht positiv. Zunächst machten sich die Teilnehmer gut gelaunt daran, die gestellte Aufgabe zu erfüllen, zu planen, zu organisieren und vorzubereiten. Wie in 2) beschrieben, sahen wir viele unterschiedliche Möglichkeiten im Projekt, und die gute Stimmung hielt auch während der Arbeit an. Die Teilnehmer ordneten sich selbst Gruppen zu, erledigten ihre Aufgaben gewissenhaft, und auch wenn diese zuweilen eintönig oder anstrengend waren – "gemeckert" wurde an und während der Aktion zu keiner Zeit. Positive Rückmeldung erfuhren wir an vielen Stellen. Dies gilt erst einmal für die zahlreichen Sponsoren und Spender, die uns (auch ungefragt)versicherten, wie sinnvoll, nützlich, engagiert sie unsere Arbeit fanden. Auch Friedhofsbesucher, die wir bei der Aktion antrafen, machten uns Mut, indem sie erklärten, das Projekt sei "wichtig" oder einfach "super". Auf diese Weise konnten wir sogar noch einzelne Spender gewinnen. Auch von Presse, Eltern und Freunden bekamen wir positive Verstärkung ideeller und materieller Art. Insgesamt kommen wir zu dem Schluss, dass uns die ganze Aktion "Big Bagger" sehr viel Spaß gemacht hat. Wir haben, auch an der Arbeit der anderen Gruppen, gesehen, was wir gemeinsam bewirken können, wenn wir uns an eine sinnvolle Tätigkeit begeben. Eine Wiederholung des Projektes würden wir in jedem Fall wieder unterstützen. Eins ist jedenfalls sicher: "Big Bagger" wird keiner von uns so schnell vergessen!!! |