Grundlagen
Einleitung
Das Wort Grundlagen wird im Pfadfindertum gebraucht, um die Grundelemente,
auf denen sich die Gemeinschaft der Bewegung aufbaut, zu beschreiben. Sie
beinhalten Zweck, Prinzipien und Methode. Obwohl das Pfadfindertum,
je nach den Bedürfnissen der jeweiligen Gesellschaft, in vielen verschiedenen
Formen
existiert, sind dies die allgemein gültigen Grundlagen, die die
Pfadfinderbewegung weltweit verbinden. Diese Grundlagen sind in der Satzung
der Weltorganisation der
Pfadfinderbewegung festgelegt und charakterisieren alle Mitgliedsorganisationen
von WOSM.
Die derzeitige Formulierung der Grundlagen wurde von der 26. Weltpfadfinderkonferenz
1977 in Montreal angenommen, nachdem man mehrere Jahre weltweit
daran gearbeitet hatte. Sie repräsentiert die einzige gültige
Aussage der mehr als einhundert Mitgliedsorganisationen von WOSM.
Das erste Kapitel der WOSM-Satzung beschreibt:
a.die Definition des Pfadfindertums
b.den Zweck des Pfadfindertums
c.die Prinzipien des Pfadfindertums und ihren Ausdruck
in Gesetz und Versprechen
d.die pfadfinderische Methode.
Die Zitate in diesem Papier sind, soweit nicht anders gekennzeichnet, aus der WOSM-Satzung übernommen. (1)
Definition
Die Pfadfinderbewegung ist definiert als: »Eine freiwillige, nicht-politische
Erziehungsbewegung für junge Leufr die offen ist für alle, ohne
Unterschiede von
Herkunft Rasse oder Glaubenshekenntnis, übereinstimmend mit dem
Zweck, den Prinzipien und der Methode, die vom Gründer der Bewegung
entwickelt
wurden und unten dargestellt sind «
Es muß angemerkt werden, daß es nicht möglich ist,
alle Aspekte der Pfadfinderbewegung in einer einzigen Aussage zusammenzufassen.
Der letzte Abschnitt der obigen Definition unterstreicht dies und betont die Tatsache,
daß Zweck, Prinzipien und Methode von Robert Baden-Powell, dem Begründer der
Pfadfinderbewegung, bestimmt wurden und als wichtiger Teil in die Definition
mit aufgenommen wurden.
Diese werden in den folgenden Abschnitten genauer erklärt.
Die Schlüsselbegriffe der Definition, die den Hauptcharakter der Bewegung zum Ausdruck bringt, werden hier kurz erklärt.
Unter dem Begriff Bewegung versteht man eine Serie von organisierten
Aktivitäten, die auf ein Ziel gerichtet sind. Eine Bewegung bedeutet
deshalb beides: ein Ziel,
das erreicht werden soll und einige organisatorische Maßnahmen,
um dies zu garantieren.
Der freiwillige Charakter des Pfadfindertums betont die Tatsache, daß
Mitglieder sich durch ihren eigenen freien Willen der Bewegung anschließen
und die
Grundlagen der Bewegung akzeptieren. Dies gilt für Jugendliche
und Erwachsene gleichermaßen.
Die Erziehungsbewegung Pfadfinder ist in dem Sinne nicht-politisch,
daß sie sich nicht am Machtkampf beteiligt, der das Hauptanliegen
der Politik ist und der
gewöhnlich im System der politischen Parteien widergespiegelt
wird. Dieser unpotitische Charakter wird von allen nationalen Vereinigungen
satzungsgemäß verlangt und ist ein grundlegendes Charakteristikum der Bewegung.
Dies bedeutet jedoch nicht, daß das Pfadfindertum von den politischen
Gegebenheiten in einem Land total abgeschieden ist. In erster Linie ist
es eine Bewegung, deren Ziel es ist, verantwortungsbewußte Bürger zu erziehen.
Diese Erziehung kann nicht ohne das Bewußtsein für die politischen
Gegebenheiten im jeweiligen Land
geschehen. Auch ist das Pfadfindertum eine Bewegung, die auf einer
Anzahl von Prinzipien, sowie Gesetz und Versprechen basiert, welche die
politischen
Meinungen ihrer Mitglieder beeinflußt.
Das Pfadfindertum wird als eine Erziehungsbewegung definiert. Dies ist unbestreitbar sein Hauptcharakteristikum und wird deshalb hier auch länger ausgeführt.
Im weitesten Sinne kann Erziehung als Prozeß definiert werden, der auf die vollständige Entwicklung der Anlagen eines Menschen zielt.
Das Pfadfindertum muß daher klar von einer reinen Freizeitbewegung
unterschieden werden. Ein Image, welches ihm in einigen Teilen der Welt
nachgesagt
wird. Trotz der Wichtigkeit der Freizeitaktivitäten im Pfadfindertum
sind diese lediglich ein Mittel, um die Ziele zu erreichen, und nicht selbst
das Ziel.
Erziehung muß auch vom Prozeß des Erwerbs von speziellem
Wissen oder Fähigkeiten unterschieden werden. Wie oben definiert,
beinhaltet Erziehung den
Ausbau der Fähigkeit des Verstandes und den Ausbau des Bewußtseins,
während der Prozeß zum Erwerb speziellen Wissens oder Fähigkeiten
als Ausbildung
bezeichnet wird.
Mit den Worten des Gründers: »Hier also liegt das wichtigste
Ziel des Pfadfindertums: zu erziehen, nicht nach Deinem Willen formen,
sondern zu erziehen,
d.h. befähige den Jungen, für sich selbst, durch seine eigenen
Ansprüche die Dinge zu lernen, die dazu beitragen, seinen Charakter
zu bilden.« (2)
Der Begriff Erziehung wird normalerweise mit dem Schulsystem verbunden, was jedoch nur eine mögliche Form der Erziehung ist.
Übereinstimmend mit der UNESCO können drei Arten der Erziehung unterschieden werden:
Formelle Erziehung ist das hierarchisch strukturierte, aufeinander aufbauende Erziehungssystem von der Grundschule bis zur Universität.
Informelle Erziehung ist der lebenslange Prozeß,
wodurch jedes Individuum seine Einstellung, Werte, Fähigkeiten und
Wissen erwirbt. Dies geschieht durch
tägliche Erfahrungen und durch die erzieherischen
Einflüsse und Möglichkeiten in seiner Umwelt.
Nicht-formelle Erziehung ist organisierte erzieherisch
Aktivität außerhalb des formellen Systems. Diese Aktivitäten
wenden sich an eine definierte Zielgruppe
und dienen definierten Lernzielen.
Das Pfadfindertum gehört zur letztgenannten Kategorie, da es außerhalb
des formellen Erziehungssystems steht. Es ist eine Institution mit einem
definierten
erzieherischen Ziel, die sich an eine definierte Zielgruppe richtet.
Das Pfadfindertum wendet sich an junge Menschen. Es ist eine Jugendbewegung
in der die Rolle der Erwachsenen darin besteht, jungen Menschen zu helfen,
die
Ziele des Pfadfindertums zu erreichen.
Obwohl es Tendenzen für die Altersbegrenzung gibt, existiert keine feste diesbezügliche Regelung. Jede nationale Pfadfinderorganisation bestimmt die angemessenen Altersgrenzen selbst.
Das Pfadfindertum ist offen für alle, ohne Unterschied in Herkunft,
Rasse, Klasse oder Glauben. Eine der Grundprinzipien der Bewegung ist das
Prinzip der
Nichtdiskriminierung, sofern die betreffende Person sich freiwillig
zu dem Zweck, den Prinzipien und der Methode der Bewegung bekennt.
Der Zweck der Pfadfinderbewegung
Der Zweck der Pfadfinderbewegung begründet ihre Existenz und beschreibt ihre Ziele.
Zweck der Pfadfinderbewegung ist es: »zur Entwicklung junger Menschen
beizutragen, damit sie ihre vollen körperlichen, intellektuellen,
sozialen und
geistigen Fähigkeiten als Persönlichkeiten, als verantwortungsbewußte
Bürger und als Mitglieder ihrer örtlichen, nationalen und internationalen
Gemeinschaft einsetzen können. «
Diese Beschreibung des Ziels unterstreicht den erzieherischen Charakter der Bewegung, der auf die ganzheitliche Entwicklung der individuellen Anlagen zielt.
Ein Grundprinzip der Erziehung ist, daß die verschiedenen Bereiche
eines Menschen - körperlich, intellektuell, sozial und geistig - nicht
isoliert von einander
entwickelt werden können. Der Prozeß der Persönlichkeitsentwicklung
kann nur ganzheitlich erfolgen.
Das Pfadfindertum ist natürlich nur ein Faktor in der Entwicklung
junger Menschen. Es möchte weder Familie, Schule, religiöse oder
soziale Einrichtungen ersetzen,
sondern die Erziehungsbemühungen dieser Einrichtungen ergänzen.
Auch das Konzept des verantwortungsbewußten Bürgers muß in einem breiten Zusammenhang gesehen werden.
Zunächst einmal muß ein Mensch als Individuum betrachtet
werden. Dieses Individuum ist integriert in eine Gemeinschalt, die wieder
Teil einer politischen Struktur
ist, welche wiederum Teil eines Staates ist. Schließlich ist
es in der Fortsetzung ein Mitglied der internationalen Gemeinschaft. Ein
verantwortungsbewußter Bürger
muß sich seiner Rechte und Pflichten in bezug auf die unterschiedlichen
Gemeinschaften, denen er angehört, bewußt sein.
Die Prinzipien der Pfadfinderbewegung
Die Prinzipien sind die fundamentalen Regeln und Einstellungen, welche
zur Erreichung des Ziels beachtet werden müssen. Sie beschreiben einen
Verhaltenskodex,
der alle Mitglieder charakterisiert. Das Pfadfindertum basiert auf
drei Grundprinzipien, die seine fundamentalen Regeln und Einstellungen
beschreibt. Diese sind:
die Pflicht gegenüber Gott
die Pflicht gegenüber Dritten
die Pflicht gegenüber sich selbst
Diese erste beschreibt die persönliche Beziehung zu den geistigen
Werten des Lebens, die zweite ist die persönliche Beziehung zur Gesellschaft
im weitesten Sinne
und das dritte benennt die Verpflichtung einer Person gegenüber
sich selbst.
Die Pflicht gegenüber Gott
Das erste der oben genannten Prinzipien der Pfadfinderbewegung wird
definiert als »Festhalten an geistlichen Grundsätzen, Treue
zur Religion, die diese
ausdrückt, und Anerkennen von Verpflichtungen, die daraus erwachsen.«
Im Gegensatz zum Titel, enthält der eigentliche Text das Wort »Gott«
nicht. Dadurch soll klar werden, daß diese Beschreibung auch Religionen
einschließt, die nicht
an einen Gott glauben, wie z.B. der Hinduismus, oder solche, die keinen
festen Gott kennen, wie z. B. der Buddhismus.
Über den Ursprung der Religion im Pfadfindertum befragt, antwortete
B.-P.: »Sie kommt nicht hinein. Sie ist bereits da. Die Religion
ist ein grundlegender
Faktor des Pfadfindertums. « (3)
Eine sorgfältige Analyse der Schriften des Gründers zeigt,
daß das Konzept einer übermenschlichen Macht grundlegend für
das Pfadfindertum ist. Das ganze
erzieherische Bemühen der Bewegung zielt darauf, jungen Menschen
zu helfen, über die materialistische Welt hinaus die spirituellen
Werte des Lebens zu finden.
ie Pflicht gegenüber Dritten
Unter diesem Oberbegriff sind eine Anzahl von grundlegenden Aussagen
der Bewegung aufgeführt. Sie beschäftigen sich mit der Verantwortung
einer Person
gegenüber der Gesellschaft in den verschiedenen Ausprägungen.
Die Pflicht gegenüber Dritten wird definiert als:
»Treue gegenüber dem eigenen Land
in Übereinstimmung mit dem Wirken für örtlichen, nationalen
und internationalen Frieden, für Verständigung
und Zusammenarbeit.
Mitarbeit an der Weiterentwicklung einer Gesellschaft
mit Achtung und Ehrfurcht vor der Würde des Mitmenschen und der Unversehrtheit
der
Natur.«
Der erste Spiegelstrich umfaßt zwei Grundsätze der Pfadfinderbewegung:
Treue gegenüber dem eigenen Land und die weltweite Freundschaft und
Verständigung.
Die beiden sind in einem Grundsatz zusammengefaßt, um zu zeigen,
daß das Konzept der Treue gegenüber dem eigenen Land kein enges,
chauvinistisches Konzept
ist, sondern ein Konzept mit einer speziellen Betrachtungsweise: in
Harmonie mit der Förderung von Frieden, Verständnis und Zusammenarbeit
auf allen Ebenen:
örtlich, national und international.
Die entspricht der Philosophie des Gründers: »Bei der Stärkung
des Patriotismus in unseren Jungen und Mädchen sollten wir darauf
achten, daß es ein
Patriotismus ist, der über den engen, sentimentalen Patriotismus
hinaus geht, welcher an den Grenzen des eigenen Landes endet und der Eifersucht
und
Feindschaft im Umgang mit anderen einflößt. Unser Patriotismus
sollte großzügiger, nobler sein. Er sollte die Gerechtigkeit
und Vernunft anderer
Länder anerkennen und unser Land zu Kameradschaft mit den anderen
Nationen der Welt führen. Der erste Schritt dahin ist, den Frieden
und guten
Willen in unserem eigenen Land zu entwickeln, indem wir unsere Jugend
beiderlei Geschlechtes in diesem Sinne erziehen - damit die Eifersucht
zwischen
Städten, Klassen und Religionen nicht länger existieren kann.
Im zweiten Schritt sollten wir dann diese Einstellung über unsere
Grenzen auf unsere
Nachbarn übertragen. « (4)
Seit der Gründung hat das Pfadfindertum der Förderung von
Brüderlichkeit und der Verständigung junger Menschen aller Nationen
große Wichtigkeit zuerkannt. Die
vielfältigen internationalen Zusammenkünfte von jungen Menschen
sind dabei die am besten sichtbaren Demonstrationen des Willens, dieses
Ziel zu erreichen.
Vertieft wird diese Einstellung durch die tagtäglichen Pfadfinderaktivitäten.
Der zweite Spiegelstrich drückt das Grundprinzip der Pflicht gegenüber
Dritten
umfassender aus: Erstens ist Pflicht gegenüber Dritten in einem
weiteren Sinn als ein Beitrag zur Weiterentwicklung der Gesellschaft, in
Übereinstimmung mit der
Philosophie des Gründers, konzipiert. Zweitens kann diese Entwicklung
aber nicht um jeden Preis durchgeführt werden. Sie muß auf der
Achtung der
Menschenwürde und auf der Unversehrtheit der Natur basieren. Das
Konzept der Menschenwürde ist eine grundlegende Vorschrift der internationalen
Gemeinschaft
und ist durch die Deklaration der Menschenrechte manifestiert. Das
heißt, daß jede pfadfinderische Aktivität auf dem Respekt
vor der menschlichen Kreatur
basieren muß.
Das Konzept der Unversehrtheit der Natur umfaßt die Idee des Umweltschutzes,
welche schon immer eine große Rolle für das Pfadfindertum gespielt
hat. Es besagt,
daß der Lebensraum des Menschen und der anderen Organismen auf
der Erde in jeder Hinsicht ein einziges Ökosystem bilden. Jede Verletzung
eines Teils des
Systems wirkt sich auf das ganze System aus. Dieses Konzept betont,
daß der Mensch in der Verfolgung seiner Ziele natürliche Ressourcen
nicht in der Art und
Weise ausbeuten darf, daß das natürliche Gleichgewicht der
Umwelt gestört wird.
Die Pflicht gegenüber sich selbst
Dieses Prinzip wird definiert als: »Verantwortlichkeit für die eigene Weiterentwicklung«.
Neben der »Pflicht gegenüber Gott« und der »Pflicht
gegenüber Dritten« basiert das Pfadfindertum auch auf dem Prinzip,
daß der Mensch die Verantwortung
für seine eigene Entwicklung trägt. Dies entspricht der Erziehungsabsicht
der Pfadfinderbewegung. Das Ziel ist die Unterstützung junger Menschen
in der Entfaltung
ihrer Persönllchkeit. In dieser Hinsicht spielen Gesetz und Versprechen
eine grundlegende Rolle.
Anerkennung eines Gesetz und Versprechens
Die oben angeführten Prinzipien, in bezug auf die geistigen, sozialen
und persönlichen Dimensionen, beschreiben die fundamentalen Regeln
und Einstellungen, auf
denen das Pfadfindertum basiert.
In der Konsequenz müssen die Programme aller Pfadfinderverbände
ein Maximum an Gelegenheiten enthalten, die die Entwicklung junger Menschen
auf der Basis
dieser Prinzipien ennöglichen. Seit Gründung der Bewegung
waren Gesetz und Versprechen die Hilfsmittel, um diese Prinzipien in einer
für junge Menschen
verständlichen und nachvollziehbaren Art auszudrücken.
Deshalb müssen alle Pfadfinderorganisationen Gesetz und Versprechen verwenden.
In dieser Hinsicht ist das ursprünglich durch den Gründer
formulierte Gesetz und Versprechen eine nützliche Quelle zur Inspiration,
da sie die Grundlagen der
Bewegung verkörpern. Es muß allerdings betont werden, daß
das ursprüngliche Gesetz und Versprechen für junge Menschen in
England zu Beginn des 20.
Jahrhunderts formuliert wurde.
Jede Pfadflnderorganisation muß gewährleisten, daß
ihr Gesetz und Versprechen in einer modernen, der jeweiligen Kultur angepaßten
Sprache abgefaßt wird und
daß es genau den vorgegebenen Prinzipien entspricht.
Um sicherzustellen, daß die Verschiedenartigkeit der Formulierungen
nicht die Einigkeit der Bewegung beeinträchtigt und die Grundlagen
der Bewegung richtig
wiedergegeben werden, müssen Gesetz und Versprechen vor Inkrafttreten
und vor jeder Änderung durch die Weltorganisation genehmigt werden.
Die pfadfinderische Methode
Eine Methode kann als Mittel, das zur Zielerreichung benutzt wird, oder
aber als Abfolge von Schritten auf das Ziel zu definiert werden. Wenn,
wie das bei der
Pfadflnderbewegung der Fall ist, eine Bewegung auf gewissen Grundlagen
basiert, so müssen die Methoden auf diesen Grundlagen aufbauen.
Die pfadfinderische Methode ist definiert als: »ein System fortschreitender Selbsterziehung durch:
Gesetz und Versprechen
Learning by doing
Bildung kleiner Gruppen (z. B. Sippen), welche,
unter Führung Erwachsener, fortschreitendes Entdecken und Übernehmen
von Verantwortung sowie die
Erziehung zu Selbständigkeit durch die
Entwicklung des Charakters, Anerkennung von Verantwortlichkeit, Selbstvertrauen,
Zuverlässigkeit und Bereitschaft
zur Zusammenarbeit und Führung, einbeziehen.
Fortschreitende und attraktive Programme verschiedenartiger
Aktivitäten, die auf den Interessen der Teilnehmer beruhen wie Spiele,
sinnvolle Fertigkeiten,
Dienst im Gemeinwesen, die weitgehend in engem
Kontakt mit Natur und Umwelt stattfinden.
Die pfadfinderische Methode ist also ein System fortschreitender Selbsterziehung.
Erreicht wird dies durch die Kombination der nachfolgend aufgeführten Elemente.
Zuvor soll das Schlüsselkonzept in der Definition der pfadfinderischen
Methode herausgestellt werden. Dies besagt, daß die pfadfinderische
Methode ein System
der fortschreitenden Selbsterziehung ist. Das System besteht aus einer
Gruppe voneinander abhängiger Elemente, die ein gemeinsames, integriertes
Ganzes
ergeben.
Darum wird das Wort Methode nur im Singular und nicht im Plural verwendet.
Obwohl jedes Element auch als eigenständige Methode angesehen werden
kann (und
zum Teil von anderen Organisationen auch wird), können wir nur
dann von der pfadfinderischen Methode sprechen, wenn alle Elemente kombiniert
angewendet
werden. Diese Anwendung stützt sich auf die Idee der fortschreitenden
Seibsterziehung.
Gesetz und Versprechen
Das erste Element der pfadfinderischen Methode ist das Gesetz und Versprechen.
Wie bereits erwähnt, sind Gesetz und Versprechen Hilfsmittel, um die
Grundlagen der Pfadfinderbewegung zu formulieren. Hier wollen wir weniger
auf die in Gesetz und Versprechen enthaltenden Wertvorstellungen eingehen,
als
vielmehr auf seine Rolle als erzieherische Methode.
Durch Gesetz und Versprechen gibt ein junger Mensch freiwillig eine
Verpflichtung ab, sich selbst an einen Verhaltenskodex zu halten. Er erklärt
gegenüber einer
Gruppe von Gleichgesinnten, für die Einhaltung dieser Selbstverpflichtung
verantwortlich zu sein.
Die ständige Auseinandersetzung mit diesem Verhaltenskodex und
der Versuch, das eigene Leben bestmöglich nach diesen Idealen auszurichten,
sind ein höchst
wirksames Instrument für die Entwicklung junger Menschen.
Learning by doing
Ein weiteres Grundelement der pfadfinderischen Methode ist das Konzept
der aktiven Erziehung. Learning by doing ist heute ein Eckpfeiler jeder
modernen
Erziehung geworden.
Dieses Konzept erscheint überall in den Schriften des Gründers. Er betont: »Ein Junge ist immer eher bereit etwas zu tun, als darüber zu reflektieren. « (5)
Die Idee des Pfadfindertums, durch Beobachten, Experimentieren und eigenes
Erleben zu lernen, wurde durch Dr. Maria Montessori, eine der größten
Autoritäten
auf dem Feld der Erziehung, gepriesen. Befragt, wie ihr System auf
Kinder über 6 Jahren angewandt werden könnte, erwiderte Dr. Montessori:
»Ihr habt doch in
England die Boy-Scouts. Ihre Erziehungsmethode ist die natürliche
Fortsetzung dessen, was ich mit Kindern mache. « (6)
Ein Programm, das nicht auf dem Konzept learning by doing basiert, kann nicht als Pfadfinderprogramm bezeichnet werden.
Bildung kleiner Gruppen
Das dritte Element der pfadfinderischen Methode ist das System der Bildung
kleiner Gruppen (z. B. Sippen). Der Vorteil kleiner Gruppen zur Sozialisation
- z. B.
zur Unterstützung der Integration junger Menschen in das soziale
Leben - ist in den Sozialwissenschaften schon lange bekannt.
Auch ist bekannt, daß in einer kleinen Gruppe die Beziehungen zueinander den höchsten Stellenwert haben.
Die geringe Anzahl von Mitgliedern, die dauerhaften Beziehungen, die
Identifikation aller Mitglieder der Gruppe mit den Zielen, die gründliche
Kenntnis der übrigen
Gruppenmitglieder, die gegenseitige Anerkennung innerhalb der Gruppe,
das Gefühl von Freiheit und Spontanität und die Tatsache, daß
soziale Kontrolle innerhalb
der Gruppe nur informell stattfindet - all dies bietet eine ideale
Atmosphäre für die Entwicklung vom Jugendlichen zum Erwachsenen.
Die kleine Gruppe gibt jungen Menschen die Möglichkeit, Verantwortlichkeit
zu entdecken und zu akzeptieren. Sie können ihre Selbstbestimmung
entwickeln. Dies
begünstigt die charakterliche Bildung junger Menschen und hilft
ihnen, Kompetenz, Selbstvertrauen, Zuverlässigkeit und die Fähigkeit
zur Kooperation und Führung
zu erwerben.
Die Rolle der Erwachsenen im obengenannten Prozeß liegt in der
Führung. Sie besteht darin, den jungen Menschen zu helfen, ihre Fähigkeit
zur Übernahme von
Verantwortung im sozialen Leben zu entdecken. Die Rolle des Erwachsenen
sollte nicht in Kontrolle bestehen, da sich Jugendliche nur in einer Atmosphäre
von
Respekt und Achtung ihrer Persönlichkeit voll entwickeln können.
Wenn dies wirklich so angewendet wird, erfüllt diese Beziehung
zwischen Jugendlichen und Erwachsenen ein notwendiges Bedürfnis einer
modernen Gesellschaft. Es
schafft eine Ebene für den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen
den Generationen.
Fortschreitende und attraktive Programme
Die drei oben vorgestellten Elemente der pfadfinderischen Methode äußern
sich in Form der Programme der Pfadfinderorganisationen. Unter Programmen
versteht
man alle für Jugendliche angebotenen Aktivitäten der Pfadfinder.
Diese Programm müssen als ein zusammenhängendes Ganzes und
nicht als eine Ansammlung von verschiedenen und unabhängigen Aktivitäten
konzipiert sein. Die
Beschaffenheit dieser Programme wird durch das vierte Element der pfadfinderischen
Methode festgelegt.
Die Programme müssen aufeinander aufbauend konzipiert sein, um
den Anforderungen der allmählichen und harmonischen Entwicklung von
Jugendlichen gerecht
zu werden. Ein Hilfsmittel, um dieses Ziel zu erreichen, ist das Proben-
und Abzeichensystem.
Um diese Ziele zu erreichen, muß ein Programm anregend für
die Adressaten sein. Deshalb sollte ein Programm eine ausgeglichene Kombination
von
verschiedenen Aktivitäten sein, die auf den Interessen der Mitglieder
basiert. Dies sollte bei der Zusammenstellung der Programme beachtet werden,
garantiert es doch in vielen Fällen den Erfolg.
Zu einer ausgeglichenen Kombination von verschiedenen Aktivitäten
gehören die drei Hauptbereiche Spiele, das Erlernen nützlicher
Fähig- und Fertigkeiten
und der Dienst an der Gemeinschaft. Alle drei Bereiche sollten bei
der Zusammenstellung des Programms berücksichtigt werden. Eine harmonische
Kombination
von Aktivitäten dieser drei Bereiche bildet den besten Weg, um
die erzieherischen Ziele des Programms zu erreichen.
Seit den Anfängen der Pfadfinderbewegung werden die Natur und das
Leben im Freien als idealer Rahmen für Pfadfinderaktivitäten
angesehen. Der Gründer maß
der Natur eine sehr große Bedeutung bei. Sein Buch »Scouting
for Boys« versah er mit dem Untertitel »A handbook for instruction
in good citizenship through
woodcraft«. Dabei verstand er unter woodcraft »die Kenntnis
von Tieren und Natur« (7). Baden-Powell maß der Natur nicht
nur aufgrund der offensichtlichen
Vorteile, die das Leben im Freien für die physische Entwicklung
Jugendlicher hat, eine hohe Bedeutung bei.
Denn vom Gesichtspunkt der intellektuellen Entwicklung her werden die
kreativen Fähigkeiten junger Menschen durch die vielen Herausforderungen,
die die
Natur bietet, angeregt. Sie werden befähigt, Lösungen zu
finden, die auf Mitteln beruhen, die das überorganisierte Leben in
den meisten Städten nicht bieten können.
Betrachtet man darüber hinaus die soziale Entwicklung, so erzeugen
die gemeinsame Bewältigung von Risiken und Herausfordernug sowie die
gemeinschaftlichen
Anstrengungen um die Befriedigung lebensnotwendiger Grundbedürfnisse
einen starken Zusammenhang zwischen den Gruppenmitgliedern. Es befähigt
sie, die
Bedeutung und Wichtigkeit des Lebens in einer Gemeinschaft voll zu
verstehen.
Schließlich spielt die Natur noch eine grundlegende Rolle in der
religiösen Entwicklung junger Menschen. Mit den Worten des Gründers:
»Die Atheisten behaupten,
daß eine Religion, die aus einem von Menschen geschriebenen Buch
stammt, nicht echt sein kann. Aber sie scheinen nicht zu sehen, daß
uns Gott neben
den gedruckten Büchern das großartige Buch der Natur zu
lesen gab. Und sie können nicht behaupten, daß darin die Unwahrheit
steht - die Tatsachen
stehen dem entgegen. Ich bin nicht dafür das Studium der Natur
als eine Form des Gottesdienstes oder als Ersatzreligion zu verwenden,
aber ich trete
dafür ein, das Verständnis der Natur in verschiedenen Fällen
als einen Schritt hin zur Religion zu sehen.« (8)
Folgerichtig ist für Baden-Powell: »...das Wunder aller Wunder,
wie manche Lehrer diese einfache und todsichere Möglichkeit der Erziehung
(das Studium
der Natur) vernachlässigen und stattdessen darauf bestehen, als
ersten Schritt biblische Unterweisungen durchzuführen, um unruhige
und lebhafte
Jungen zum Nachdenken über tiefgründige Dinge zu bewegen.
« (9)
Wann immer es möglich ist, sollten Pfadfinderaktivitäten im
Freien, im direkten Kontakt mit der Natur stattfinden, da sie die ideale
Umgebung bietet, in der eine
harmonische und ganzheitliche Entwicklung junger Menschen stattfinden
kann.
Quellennachweis
1 vgl. Constitution and By-Laws of the World Organization of the Scout Movement, Genf 1990
2 vgl. Baden-Powell: Aids to Scoutmastership, London 1919
3 vgl. Baden-Powell: Religion and the Boy Scout and Girl Guide Movement, 1926
4 vgl. Baden-Powell: Scouting and Youth Movement. London 1929
5 vgl. Baden-Powell: Aids to Scoutmastership, London 1919
6 vgl. Baden-Powell: Aids to Scoutmastership, London 1919
7 vgl. Baden-Powell: Scouting for Boys, 1908
8 vgl. Baden-Powell: Rovering to Success, 1930
9 vgl. Baden-Powell: Aids to Scoutmastership, London 1919
E-Mail: Rabe@scoutnet.de